In ihrem Artikel „Yes, We Can Prosper Without Growth“ stellen die Autor*innen der Forschungseinrichtung „Research and Degrowth“ einen Zehn-Punkte-Plan mit Postwachstumspolitiken für eine Wachstumswende in Katalonien vor. Einige dieser zehn Forderungen möchten wir in den kommenden Wochen diskutieren, insbesondere mit Blick auf ihre mögliche Bedeutung für den Bremer Kontext.
Bremen trägt massiv zum Klimawandel bei: durch umweltschädliche Industrien wie Kohle und Stahl, zu viele Autos auf den Straßen und Flugzeuge in der Luft, wenig nachhaltigen Konsum, und, und, und. Die in Bremen ausgestoßenen Emissionen bleiben aber nicht in Bremen, sondern richten weltweit Schaden an, unter dem insbesondere Menschen im Globalen Süden leiden. Ein zentraler Aspekt der Wachstumswende ist deswegen Klimagerechtigkeit, also global gerechter Klimaschutz. Hier ist jede*r Einzelne, aber vor allem auch die Politik in der Verantwortung, Klimaschutz konsequent voran zu treiben und auch gegen wirtschaftliche Interessen zu verteidigen. Denn ohne die ökologischen Lebensgrundlagen kann es keine Gesellschaft und damit keine Wirtschaft geben. Ein Gutes Leben für Alle ist ohne Klimaschutz also nicht möglich!
Die Autor*innen von „Research and Degrwoth“ stellen zwei politische Kernforderungen, um Klimaschutz zu gewährleisten: die Einführung von CO2-Grenzwerten und einen Investitions- und Subventionsstopp für stark klimaschädliche Aktivitäten.
Bremen könnte also absolute, immer niedriger werdende Grenze für den maximalen CO2-Ausstoß und den Flächen-, Wasser- und Ressourcenverbrauch in Bremen einführen. Solche Grenzen wären auch nötig, um die im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarten Klimaziele erreichen zu können – die für 2020 geplanten Reduktionsziele wird Bremen klar verfehlen und bislang wird viel zu wenig dafür getan, zukünftige Ziele zu erreichen. Diese CO2-Grenzwerte müssten zum einen natürlich für hier ausgestoßene Emissionen und angerichtete Klimaschäden gelten. Auch die Stahlindustrie und der Flughafen, die bislang nicht in die Bremer Klimabilanz eingerechnet werden, müssten dabei mit einbezogen werden. Aber die Grenzwerte müssten vor allem auch für die ökologischen Schäden gelten, die die Produktion importierter und hier konsumierter Güter verursacht. Auch diese importierten Emissionen werden bislang nicht offiziell erfasst und fließen somit auch nicht in die ohnehin schlechte Klimabilanz Bremens mit ein.
Für Bremen würden die Konsequenzen einer solchen festgelegten Grenze für den maximalen Ausstoß von CO2 und dem maximalen Ressourcenverbrauch große Auswirkungen haben. Denn dafür müssten in einigen Bereichen grundlegende Veränderungen vorgenommen werden.
Der hoch verschuldete Bremer Flughafen, der zu 100% dem Land gehört, würde keine öffentlichen Gelder mehr erhalten (und müsste wohl schließen, da er auf diese Gelder angewiesen ist). Diese Forderung würde außerdem ein Straßenbaumoratorium bedeuten, es würden also keine neuen Straßen mehr für den motorisierten Individualverkehr mehr gebaut werden. Hier passiert in Bremen bislang wenig. Bremen gibt jährlich nach wie vor Gelder in Millionenhöhe für den Flughafen und den Straßenbau aus. Die Energiegewinnung ist durch drei Kohlekraftwerke in Bremen alles andere als umweltfreundlich und wie oben bereits erwähnt wird mit den Stahlwerken die dreckigste Industrie Bremens – zusammen mit dem Flughafen – gar nicht erst in die Klimabilanz eingerechnet.
Das in diesen klimaschädlichen Branchen eingesparte Geld könnte „für die Verbesserung des ländlichen und städtischen öffentlichen Raums, den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs und den Aufbau kleiner, dezentralisierter erneuerbarer Energien unter lokaler demokratischer Kontrolle“ eingesetzt werden.
Beim Thema finanzielle Unterstützung für fossile Brennstoffe ist Bremen schon einen Schritt weiter. Bremen ist seit 2017 „fossil free“, zumindest in der Theorie. Das Land hat sich als bundesweit zweites Bundesland dazu verpflichtet, nicht länger in schmutzige Industrien wie Kohle, Öl und Gas zu investieren und bremisches Geld nach ethischen und ökologischen Kriterien anzulegen. Da Bremen zur Zeit jedoch faktisch kein Geld zum Anlegen hat, bleibt diese Entscheidung Symbolpolitik.
Insgesamt machen die Forderungen von „Research and Degrowth“ auch für den Bremer Kontext deutlich: Für den Klimaschutz wird bislang viel zu wenig getan, obwohl es dringend nötig wäre und es an sinnvollen Ansätzen nicht mangelt. Mehr Engagement der Politik gegen die Klimakrise wird in Bremen und weltweit von tausenden Menschen eingefordert. Bremen kann die Klimakatastrophe nicht alleine aufhalten, aber es kann zur eigenen Verantwortung stehen, ein klares Zeichen setzen und zeigen: Effektiver, gerechter Klimaschutz ist möglich.
Ein Beitrag von Lene Montanus